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SPRACHE AUSWÄHLEN:
Das Coronavirus, das COVID-19 verursacht, ist nicht die einzige Pandemie, mit der die Welt heute zu kämpfen hat. Diskriminierung, insbesondere Rassismus, sind gerade in diesen Tagen ein deutlich sichtbares Problem in der Gesellschaft. In den letzten Jahren haben immer mehr Protestbewegungen und humanitäre Organisationen auf Reformen gedrängt, um sowohl explizite Vorurteile als auch subtilere Formen der Voreingenommenheit zu bekämpfen.
Eine tückische Begleiterscheinung des Kyriarchats ist die implizite Voreingenommenheit: die unbewusste Abwertung von Personengruppen und ihren Merkmalen. Bereits unsere Wortwahl kann zu diesem Muster beitragen. Doch wenn wir uns mit diesem Problem auseinandersetzen, können wir durch sorgfältig ausgewählte Sprache auch dagegen angehen.
Lionbridge hat sich stets für die Eliminierung expliziter Vorurteile eingesetzt. In Erweiterung dieser Bemühungen achten wir auch verstärkt auf implizite Voreingenommenheit. Im Folgenden erfahren Sie, was Führungskräfte bei Lionbridge über die Förderung von Fairness und den Aufbau einer inklusiveren Gesellschaft mithilfe von Sprache zu sagen haben.
In diesem Interview stellen sich folgende Personen den Fragen:
JP: In den letzten Jahren scheint die Allgemeinheit aufgewacht zu sein und erkannt zu haben, dass es nicht ausreicht, nicht rassistisch zu sein; man muss eine proaktiv antirassistische Haltung einnehmen. Menschen in Macht- und Einflusspositionen müssen mehr tun, als nur über Veränderungen zu reden: Hier bietet sich ihnen eine Gelegenheit, sich proaktiv für nachweisliche Veränderungen einzusetzen.
MA: Unsere Kunden und potenziellen Kunden erkundigen sich oft nach unseren Bemühungen um Diversität und unserer sozialen Unternehmensverantwortung. Diskussionen über implizite Voreingenommenheit stellen eine natürliche Fortsetzung der Debatten um Diversität dar. Aus der Sicht der Life-Sciences-Branche ergibt dies wirklich Sinn, da die Forderung nach einer stärkeren Patienteneinbindung lauter wird. Die Pharmaindustrie ist in jeder Hinsicht ständig um Diversifikation bemüht – in Bezug auf das Studiendesign, die Einbeziehung von Studienteilnehmern und die Lieferkettenverwaltung. Die Bekämpfung von impliziter Voreingenommenheit stellt dabei eine Möglichkeit dar.
LY: Bei unseren Angebotsanfragen wurden viele weitere Fragen zu Diversität und Inklusion gestellt. Seit Mitte letzten Jahres haben diese Fragen zugenommen.
CG: Im letzten Jahr sowie in den letzten fünf Monaten ist dieses Thema stärker in den Vordergrund gerückt. Davor handelte es sich eher um eine Randerscheinung. Heute sehen die Menschen dies als Notwendigkeit an. Auch wenn sie noch nicht direkt etwas dagegen unternehmen, haben sie es im Blick. Durch Bewegungen wie „#MeToo“ und „Black Lives Matter“ sensibilisiert, setzen sich die Menschen mit ihrer eigenen Voreingenommenheit auseinander und stellen fest, wie tief sie in der Gesellschaft verwurzelt ist.
RM: Die Zahl der Anfragen in Bezug auf diese Problemfelder ist definitiv gestiegen, insbesondere infolge der Zunahme der Proteste gegen Polizeigewalt im Jahr 2020 nach der Tötung von George Floyd, Breonna Taylor und anderen.
„Wir alle haben jetzt die Gelegenheit, Änderungen einzuführen, die unsere Werte besser widerspiegeln.“ – Brian Randall
CG: Wir müssen aufgeschlossen sein und dürfen uns nicht für immun halten. Niemand ist immun dagegen … Auch wir müssen etwas tun, denn auch in unserer Branche sind Vorurteile fest verankert.
BR: Die Unternehmen, die sich für Projekte in diesem Kontext interessieren, haben zwei Anliegen: Einerseits möchten sie in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen, bei denen eine Voreingenommenheit erkennbar ist, korrigieren. Andererseits möchten sie ihre Arbeitsabläufe für die Zukunft verbessern. Letzteres ist eine Gelegenheit, einen inklusiven Sprach- und Stilleitfaden zu erstellen.
RM: Problematische Wörter oder Ausdrücke zu erkennen, ist dabei der erste Schritt. Hier kommen unsere Services für semantische Annotation und maßgeschneiderte Transcreation ins Spiel. Wir können unsere bestehenden Terminologielisten in Verbindung mit bereits vorhandenen Listen oder Tools der Kunden nutzen.
LY: Über unser Community-Management-Team arbeiten wir bereits mit verschiedenen Lieferanten und Anbietern zusammen. Für manche Projekte und Kunden ist es entscheidend, dass die Sprachdienstleister den Wirkungsbereich der Kunden verstehen. Darin sind wir stark. Die erforderlichen Kompetenzen für solche Projekte kann nicht jeder vorweisen. Hier ist ein starkes Kulturbewusstsein gefragt und es muss viel kommuniziert werden. Oft wünschen sich die Leute schnelle Veränderungen. Dies ist nicht leicht möglich, ohne zulasten der Qualität zu handeln. Unsere Experten können für eine schnelle und kompetente Durchführung der Projekte sorgen.
MA: Wir leben in der Welt des Sprachmanagements, daher kann alles, was wir tun, auf diesen Bereich übergreifen. Dank der engen Zusammenarbeit mit unseren Partnern können wir wirklich einen völlig neuen Plan entwickeln. Wenn uns unsere Kunden aus der Pharmaindustrie beispielsweise bitten, mit Diversity-Unternehmen aus unserer Community zusammenzuarbeiten, können wir einen Beschaffungsplan aufstellen, um den Anforderungen der Kunden in Bezug auf sprachliche Qualität und Anbieterauswahl gerecht zu werden.
RM: Seit einiger Zeit haben wir Regeln für beleidigende Sprache aus der Linguistic Toolbox in unsere Arbeitsabläufe einbezogen, um sicherzustellen, dass keine unangemessenen Begriffe in den Übersetzungen auftauchen. Wenn wir die Liste der unerwünschten Wörter, zu der bislang obszöne Äußerungen sowie explizit rassistische, sexistische und homophobe Begriffe gehören, um Begriffe erweitern, die ein subtiler Ausdruck von Vorurteilen sind, stellt dies einfach eine breitere Anwendung unserer Kompetenzen auf diesem Gebiet dar.
CG: Wenn wir erst einmal herausgefunden haben, wo Voreingenommenheit auftritt, ist es meines Erachtens eine Frage der Schulung. Sie müssen bei den Verfassern der Inhalte ein Bewusstsein schaffen. Hier sind Dinge wie Glossare und Qualitätsprüfungen entscheidend.
Es geht darum, zuzuhören und nicht abzublocken. Die Leute denken bei dieser Diskussion oft, dass über sie persönlich geurteilt wird, dabei handelt es sich in Wirklichkeit um ein Produkt unserer Geschichte. Der Weg nach vorn war historisch gesehen der Weg des geringsten Widerstandes. Daher wurde dies jahrelang nicht reflektiert. Es geht also nicht darum, über den Status Quo zu urteilen, sondern darum, wie wir uns in Zukunft verbessern können.
RM: Viele Begriffe, die beleidigend sind, können in gewissen Kontexten unbedenklich sein. Daher arbeiten wir an Funktionen zur Begriffserklärung in unseren Modellen für maschinelles Lernen. Die Kombination von Ortsverzeichnissen und maschinellem Lernen in einem hybriden Konzept stellt eine der besten Möglichkeiten zur Ermittlung von beleidigendem Text dar. Ortsverzeichnisse verbessern die Wiedererkennung und maschinelles Lernen kann durch Begriffserklärung die Zahl der falsch positiven Ergebnisse reduzieren.
BR: In Sprachen mit grammatikalischem Geschlecht – beispielsweise den romanischen Sprachen – gibt es manchmal keine geschlechtsneutrale Formulierung. Einige spanischsprachige Gesellschaften haben die Endung -x eingeführt („Latinx“), diese Schreibweise wird jedoch von Filtern oft als grammatikalisch falsch aufgefasst. Selbst wenn wir Voreingenommenheit erkennen, kann es also schwierig sein, Alternativen zu finden.
Aus zwischenmenschlicher Sicht ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und niemanden auszuschließen, weil er etwas falsch gemacht hat. So können wir die größten Fortschritte erzielen.
RM: Wir befinden uns in einer kontinuierlichen Phase der Forschung und Verbesserung, um unterschwellige Voreingenommenheit abzubauen. Im Augenblick sind wir dabei, Möglichkeiten zu entwickeln, um Voreingenommenheit zu analysieren und verschiedensten Bewertungen zu unterziehen.
Darüber hinaus stellen wir Listen mit Begriffen zusammen, die eine Voreingenommenheit zeigen, ohne offen obszön oder beleidigend zu sein. Das reicht von so gebräuchlichen Wörtern wie den englischen Begriffen „landlord“ für Vermieter oder „spokesman“ für Sprecher bis hin zu eher offenkundig beleidigenden Begriffen wie beispielsweise dem Ausdruck „Emanze“ im Deutschen. In Wörtern wie diesen sind jede Menge subtile Geschlechtszuweisungen zu finden.
MA: Zahlreiche Wörter, die wir in der Branche täglich verwenden, sind historisch aus dem Rassismus hervorgegangen. „White Label“ oder „Weißprodukt“, „Blacklist“ oder „Schwarze Liste“ sind gute Beispiele hierfür. Und obendrein sind dies eigentlich keine informativen Bezeichnungen. Wir haben fantastische Übersetzer und Übersetzungstools in unseren Teams. Mithilfe dieser Ressourcen können wir Texte in eine modernere, anschaulichere und inklusivere Sprache „übersetzen“.
CG: Ich denke, es ist wichtig, mit den Kunden zu sprechen. Die Unternehmen stehen hier vor einer enormen Aufgabe. Wir können ihnen Möglichkeiten aufzeigen. Auch wenn es viel zu tun gibt, können wir sie auf ihrem Weg unterstützen. Mit unseren Hilfsmitteln und Lösungen können wir ihnen weiterhelfen. Die Leute nehmen ein solches Angebot dankbar an und möchten über das Thema sprechen – es ist wie eine Art Rettungsinsel.
CG: Die Welt ist vielseitig und diese Vielseitigkeit bereichert die Gesellschaft und eröffnet uns neue Möglichkeiten, weltweit miteinander in Verbindung zu treten. Es ist wichtig, dass wir auf Inklusivität Wert legen und anerkennen, dass nicht alle Menschen gleich sind. Aus Unternehmenssicht müssen wir dafür sorgen, dass unsere Botschaft so viele Menschen wie möglich anspricht. Unternehmen, die auch im nächsten Jahrzehnt erfolgreich sein möchten, müssen erkennen, wie wichtig diese Veränderungen sind. Nur so können sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, wer sich von ihren Botschaften positiv angesprochen fühlt.
LY: Der Mensch ist mehr als sein Äußeres. Diese Bemühungen sind ein Schritt in die richtige Richtung und ehrlich gesagt haben wir wahrscheinlich zu spät damit angefangen.
JP: Dies ist der richtige Weg. Es ist Teil der sozialen Verantwortung der Unternehmen. Insbesondere in der Tech-Community herrscht ein starkes Verantwortungsgefühl – das Gefühl, noch mehr tun zu können. Wenn ein Unternehmen viel Geld in Initiativen für Diversität und Inklusion bei seinen Einstellungsverfahren steckt und die neu eingestellten Softwareentwickler dann eine Codebasis mit solchen antiquierten Begriffen vorfinden und mit diesen implizit rassistischen oder sexistischen Ausdrücken konfrontiert sind, hat das Unternehmen noch nicht wirklich einen integrativen Arbeitsplatz geschaffen.
Es kommt wirklich darauf an, wie Sie die Basis schaffen, denn dadurch geben Sie vor, wie Sie lokal relevante und kulturell angemessene Inhalte erhalten. Es geht darum, Ihre Absichten auch in die Tat umzusetzen. Irgendwann werden Sie nur schwer erklären können, warum Sie diesen Schritt im Gegensatz zu anderen Unternehmen nicht gegangen sind.
BR: Irgendwann müssen Sie sich wirklich darüber klar werden, welche Wirkung diese Worte auf Ihre Teams und Ihre Kunden haben können. Es geht darum, Ihren Mitarbeitenden und Kunden das Gefühl zu vermitteln, dass sie dazugehören und wertgeschätzt werden. Wir alle haben jetzt die Gelegenheit, Änderungen einzuführen, die unsere Werte besser widerspiegeln. Um mit den Worten von Dr. Maya Angelou zu sprechen: Du hast getan, was du konntest. Als du es besser konntest, hast du es besser gemacht.
Bei Lionbridge sind wir bestrebt, jeden Tag Neues zu lernen und besser zu werden. Dies ist Teil unserer Mission, Barrieren zu überwinden und Brücken zu bauen – weltweit. Mithilfe unserer Arbeit zur Eliminierung von historisch problematischen Wörtern und Ausdrücken kann auch Ihr Team dies tun.